Faltblatt zur Fuge, 1986

Paul Heimbachs bisher größte Arbeit "Fuge", 1985-86 (144 Bilder jeweils 29,7 x 21 cm) hat sich aus seiner längjährigen Beschäftigung mit der Darstellung reiner Farbqualität entwickelt. Heimbachs Bilder und Buchobjekte seit den frühen siebziger Jahren nutzten zunächst die freie, amorphe Farbstruktur. Der Künstler trug Farbsubstanzen auf Wasser auf und nahm sie von dort direkt ab auf den Bildgrund: als Wirbel-, Mäander- oder Wellenformen. Es entstanden Flächen rauchartig übereinandergeschichteter Farbbahnen von suggestiver Intenstät, die Farbe als Farbe im Bild thematisirten.

1983 begann Heimbach mit der Ausarbeitung von Farbsystemen auf der Basis sich überlagernder Schichten der Grundfarben Gelb, Rot, Blau und der Nicht-Farbe Grau. Ausgangspunkt der Systematik ist die Transparenz der verwendeten Farben. Sie gibt Heimbach einerseits eine breite Spanne von Farbmischungsmöglichkeiten und -brechungen an die Hand, andererseits garantiert sie Ihm (unter Einbeziehung einer an dem magischen Quadrat und der Reihentechnik der seriellen Musik entwickelten Farbpartitur) eine mathematisch errechenbare Permutationsfolge farblich und formal logisch strukturierter und sich aufeinander beziehender Bilder.

Heimbach ordnet zu diesem Zweck den vier Farben eine Form zu, eine Rasterschablone, mit deren Hilfe er die Farbe vom Wasser abnimmt, Die vier Raster bleiben für alle vier Farben dieselben. Sie bilden sich analog zu Kompositionsformen der seriellen Musik - aus der Grundform, Ihrer Umkehrung, dem "Krebs" (Grundform von hinten nach vorne) und der Umkehrung des Krebses. Diese ergeben, systematisiert durch die in das Dualsystem zerlegten Zahlen des magischen Quadrates - die hier als Farbwerte definiert sind - eine Folge vor 3456 Quadraten (144 Bilder in 24 Permutationen).

Heimbachs "Fuge" bezieht Ihre überzeugende Wirkung sowohl aus dem Ordnungsprinzip, das ihr zugrunde liegt (auch wenn es nicht unmittelbar erkennbar wird) als auch aus der alle 144 Bilder aufeinander beziehenden seriellen Spannung der Farbvaleurs, deren (mathematisch bedingte) Rhythmisierung und Strukturierung die hohe ästhetische Qualität des Ensembles ausmachen.

Winfried Konnertz



1988, Fuge, 144 Tuschebilder 29,7 x 21 cm, mit verdeckten Jupiter-Quadraten